Am 28./29.10. tagte die BAG Bildung in Hannover und hat sich dort inhaltlich vor allem mit den Entwicklungen auf Bundesebene beschäftigt. So ging es u.a. um die Ausgestaltung des im Bund geplanten Bildungsgipfels, der kein einmaliges Format sein darf, sondern Vorlauf und Zielklarheit braucht. Ein wichtiger Schwerpunkt war die Diskussion zum Startchancen-Programm, zu dem bislang noch viel Unklarheit herrscht. So liegen bislang nur einige wenige inhaltliche Eckpunkte zum Startchancen-Programm vor. Stichworte hierzu sind die drei geplanten Förderdimensionen Chancenbudget, Schulsozialarbeit und Schulbau. Auch der Finanzierungsschlüssel zwischen Bund – Länder ist offen und wie die Mittel anschließend verteilt werden, ist ebenso ungeklärt. Die Länder wollen sich nun in Workshops untereinander abstimmen, damit sie geschlossen gegenüber dem Bund auftreten. In der BAG haben wir diskutiert, wie das Startchancen-Programm ausgerichtet sein muss, damit es tatsächlich Effekte auf die Entkopplung von Herkunft und Bildungserfolg haben kann. Hierzu wollen wir ein kurzes Positionspapier erstellen. Weitere Themen waren der Digitalpakt 2.0. und die Situation zur Beschulung ukrainischer Schüler*innen.
Am Samstag war das Schwerpunktthema „Sprachbildung und Sprachförderung“. Prof. Dr. Anja Binanzer (Uni Hannover) hat in ihrem spannenden Vortrag auf die widersprüchliche Studienlage zur Wirksamkeit der Sprachförderansätze hingewiesen. So liegen bislang keine eindeutigen empirischen Befunde vor, ob die additive oder integrierte Sprachförderung tatsächlich besser ist. Klar ist, dass die Professionalisierung der Fachkräfte eine wichtige Voraussetzung für Wirksamkeit ist, der Stellenwert von Sprachbildung in der Aus- und Fortbildung jedoch immer noch zu gering ist. Nur in 10 von 16 Bundesländern ist Sprachbildung zudem verpflichtender Bestandteil der Lehrkräfteausbildung.
Julia Schnabel, Projektleiterin bei der Kindersprachbrücke Jena e.V. hat anschließend in ihrem Vortrag Einblicke in die praktische Sprachförderarbeit eines freien Trägers gegeben, der Schulen in vielfältiger Weise unterstützt. Wichtige Handlungsfelder des Vereins sind hier Sprachförderangebote/DaZ, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“, das Thüringer Landesprogramm „Mehrsprachigkeit ist klasse“ und Fort- und Weiterbildung. Besonders wurde die Bedeutung von Fortbildung und Weiterqualifizierung, die Anerkennung von ausländischen pädagogischen Bildungsabschlüssen bzw. Schaffung echter Perspektiven für immigrierte pädagogische Fachkräfte sowie die Forcierung auf multiprofessionelle, interdisziplinäre Teams in der Bildungsarbeit herausgestellt. Die Berücksichtigung der Lebenslagen und Bildungsbiografien von zugewanderten Kindern und Jugendlichen erfordert zudem entsprechende Nachteilsausgleiche und es bedarf der Anerkennung und Förderung von Mehrsprachigkeit.
Eckhart Klieme hat das aktuelle Impulspapier der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK „Entwicklung von Leitlinien für das Monitoring und die Evaluation von Förderprogrammen im Bildungsbereich“ vorgestellt und deutlich gemacht, welchen Umfang und welche Kriterien programmbegleitende Evaluationen erfüllen müssen, um tatsächlich eine Kontrolle der Zielerreichung, Wirkungsnachweise, Wirkungskontrollen und eine Optimierung der Umsetzung zu erfüllen.
Cola Kuhn hat mit Blick auf die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021 am Beispiel des Kompetenzbereichs „Zuhören“ auf die negative Entwicklung in allen untersuchten Fächern und Kompetenzen der getesteten Viertklässler*innen. Etwa 18% der Schüler*innen erreichen nicht den Mindeststandard im Kompetenzbereich „Zuhören“. Besonders stark sind Kinder mit Zuwanderungshintergrund und aus sozial weniger gut gestellten Familien von Kompetenzrückgängen betroffen. Dadurch nehmen die sozialen und zuwanderungsbezogenen Ungleichheiten zu. Vor diesem Hintergrund ist sich die BAG Bildung einig, dass das kommende Startchancen-Programm sich voll und ganz auf die Grundschulen konzentrieren muss, damit es den nachhaltigsten Effekt auch für alle weiteren Bildungsabschnitte bewirkt!