Kooperation zwischen Bund und Ländern, IQB-Ländertrend, SWK-Empfehlungen zur Grundschule und die neue Oberstufenvereinbarung – Unsere Frühjahrstagung 2023 in Berlin

Am 10. und 11. März fand unsere Frühjahrstagung in Berlin statt. Auf unserer gewohnt vollen Tagesordnung standen wieder einmal wichtige Themen. Zu Beginn haben wir im Austausch mit Nina Stahr, unserer bildungspolitischen Sprecherin im Bundestag, die aktuellen Entwicklungen auf bundespolitischer Ebene diskutiert.

Der im Koalitionsvertrag groß angekündigte Bildungsgipfel hat sich mittlerweile zu einer kleinen Randveranstaltung (ugs. Bildungshügel) der diesjährigen Bildungsforschungstagung des BMBF entwickelt. Relevante Ergebnisse sind hiervon nicht zu erwarten. Auch zu einem weiteren zentralen Vorhaben des Koalitionsvertrages – dem Startchancenprogramm – sind weniger gute Entwicklungen zu verzeichnen. Die Verhandlungen laufen wohl auf die drei Fördersäulen Chancenbudget, Schulsozialarbeit und Schulbau hinaus. Wie sich dadurch die Bildungschancen gerade am Start der Bildungsbiografien verbessern lassen, ist für uns mehr als rätselhaft. Auch eine notwendige Abkehr vom Königsteiner Schlüssel wird immer unwahrscheinlicher. Bisherige Planungen zur Mittelverteilung sehen vor: Schulbau 60% – Schulsozialarbeit 20% und Chancenbudget 20%. Das finden wir klar falsch. Unerfreulich ist auch, dass der Digitalpakt 2.0 mit einer hälftigen Mitfinanzierung der Länder offenbar nur in einem deutlich kleineren Umfang fortgesetzt werden soll, obwohl hier finanzielle Ressourcen für die Länder und Kommunen dringend gebraucht werden.

Neben einem Austausch zu ChatGPT und zu den Herausforderungen im Kontext künstlicher Intelligenz für die Bildungspolitik haben wir uns am Abend den Arbeitsständen der BAG-Unterarbeitsgruppen bzw. Fokusgruppen zugewendet. Die Ende Januar erstmals tagende Crossover-AG mit der BAG Kultur soll im April wieder zusammenkommen und wird sich mit dem Qualitätsrahmen Ganztag beschäftigen. Perspektivisch werden wir uns dort auch mit dem Thema Antisemitismus beschäftigen. Die Fokusgruppe berufliche Bildung tagt auch regelmäßig und wird sich schwerpunktmäßig mit der Berufsorientierung und dem Übergangssystem beschäftigen. Mit Blick auf den anstehenden grünen Europakongress wird sich die BAG im Herbst mit dem Europawahlprogramm beschäftigen.

Am Samstag haben wir uns dann erneut dem IQB-Ländertrend 2021 zugewendet. Prof.in Dr. Petra Stanat, Direktorin des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hat uns auf die wesentlichen Entwicklungen in den Kompetenzentwicklungen der Viertklässler*innen in den Fächern Deutsch und Mathematik hingewiesen. Nachdem die Kompetenzentwicklungen von 2011 bis 2016 eher stagnierend waren, ist von 2016 bis 2021 in den meisten Ländern ein negativer Trend zu verzeichnen, der sich nur teilweise durch einen Anstieg von Schüler*innen mit Zuwanderungshintergrund erklären lässt. Etwa ein Fünftel aller Viertklässler*innen verfehlen derzeit bundesweit die Mindeststandards im Lesen, in Mathematik sieht es ähnlich aus. In Bremen und Berlin sind dies fast ein Drittel. Bei Orthografie verfehlen fast ein Drittel aller Schüler*innen bundesweit die Mindeststandards, in Bremen und Berlin sind es fast die Hälfte der Schüler*innen. Besonders starke Rückgänge in den Kompetenzen im Vergleich von 2016 und 2021 sind bei der Gruppe der Schüler*innen aus benachteiligten Elternhäusern zu verzeichnen. Deutlich wurde zudem, dass beispielsweise Hamburg, welches sich konsequent und verbindlich mit den Ergebnissen der Kompetenztests auseinandersetzt, einen Sozialindex zur Ressourcensteuerung verwendet und mit Kermit ein eigenes durchgängiges Bildungsmonitoring auf Einzelschulebene aufgebaut hat, deutlich besser abschnitt.

Im zweiten Teil befassten wir uns am Samstag mit dem Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule“. Prof. Dr. Harm Kuper hat uns in seinem Vortrag dargestellt, dass die Diagnose und Förderung grundlegender sprachlicher und mathematischer Kompetenzen als die zentrale Herausforderung in den Mittelpunkt bildungspolitischer Überlegungen zur Grundschule gestellt werden muss, da auf ihnen die weiteren Bildungsverläufe aufbauen. Darüber hinaus formuliert die Kommission Empfehlungen zu strukturellen und organisatorischen Aspekten des Systems Grundschule.

Einstimmig beschlossen haben wir, uns dem Appell der Potsdamer Erklärung für ein zukuftsfähiges Abitur anzuschließen und mit Blick auf die anstehende KMK-Vereinbarung zur gymnasialen Oberstufe mindestens auf die dortige Aufnahme einer Innovationsklausel zu drängen.